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Bergkristall - versteinertes Eis? (28.11.2023)

 

Wie konnte eigentlich die falsche Vorstellung, daß Bergkristall versteinertes Eis ist, über so viele Jahrhunderte geglaubt werden? Ganz blöd waren unsere Vorfahren ja nicht, und zu jeder Zeit gab es neben so manchem Dummkopf auch Menschen mit messerscharfem Verstand.

Natürlich gibt es rein äußerlich eine Ähnlichkeit. Es hätte allerdings beizeiten auffallen müssen, daß Bergkristall eine viel höhere Dichte hat als Wasser (er ist genau 2,65 mal so schwer) und dadurch sinkt wie ein Stein, während Eis immer oben auf dem Wasser schwimmt. Die ungeheure Verschiedenheit zwischen Kristall und Eis ist eigentlich sehr offensichtlich: auch das härteste Eis wird durch das kleinste Feuer flüssig, und beim Anschlagen eines Kristalls entstehen Funken, was bei Eis unmöglich ist. Deshalb ist es verwunderlich, wie leichtsinnig und ohne Verstand viele Gelehrte seit der Antike immer wieder behaupteten, daß ein Kristall nichts anderes wäre als durch anhaltende starke Kälte erstarrtes Eis.

 

Bergkristall - versteinertes Eis?

 

Vor etwa 2300 Jahren verfaßte Aristoteles unter anderem auch ein Werk über Steine, in dem er schrieb, daß es einen Stein gäbe, der Krystallos genannt wird. Kryo bedeutet im Griechischen soviel wie „kalt geformt“. Den alten Griechen waren die Kristallvorkommen in den Alpen bekannt. Vielleicht kommt daher die Analogie zu Kälte. Hippokrates war (etwa zu selben Zeit) etwas genauer. Er bezeichnete gefrorenes Wasser als „Wasser-Kristall“ und Bergkristall als „Stein-Kristall“.

Der römische Naturhistoriker Plinius der Ältere schrieb schließlich vor 2000 Jahren in seiner berühmten Naturalis historia:

Durch Verdichtung des Eises bei intensiver Kälte entsteht der Krystall, den man nur da findet, wo vorzüglich der Winterschnee erstarrt, denn sicher besteht er aus Eis, woher auch bei den Griechen sein Name herstammt. Warum er sechsseitig ist, läßt sich nicht leicht einsehen, besonders da die Spitzen wiederum anders gestaltet sind; die Glätte der Seiten ist so vollkommen, daß keine Kunst es nachzuahmen vermochte. Die geschätzten Krystalle werden auf den Höhen der Alpen gefunden, wo sie in den Felsen wachsen, an so unzugänglichen Stellen, daß diejenigen, die sie herausbringen, meist an Seilen hangen.“

 

Nun wurde noch viele Jahrhunderte nach Plinius angenommen, daß Kristalle erstarrtes, versteinertes Eis wären. Dieses Mißverständnis ist ein Bilderbuchbeispiel dafür, wie falsche Annahmen immer wieder von Generation zu Generation übernommen werden. Wir können heute darüber schmunzeln.

Aber: über welche scheinbar gesicherten Erkenntnisse unserer heutigen Zeit werden künftige Generationen lachen?

 

Bergkristall - versteinertes Eis?