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Anden-Kristalle (19.06.2018)

Eine Zusammenfassung meiner vierwöchigen Reise mit dem Rucksack durch Chile und Bolivien im März/April 2018, die auch im Hinblick auf entdeckte Kristalle sehr interessant war...



Eine Zusammenfassung meiner vierwöchigen Reise mit dem Rucksack durch Chile und Bolivien im März/April 2018, die auch im Hinblick auf entdeckte Kristalle sehr interessant war.

Anfang März flog ich von Frankfurt nach Santiago de Chile, wo ich einige Tage zum Akklimatisieren verbrachte und dann etappenweise mit dem Bus Richtung Norden reiste.

Anden-Kristalle
Chile ist ein viel zu riesiges Land, um in wenigen Wochen wirklich viel davon sehen zu können. Insgesamt habe ich mehr als 4000km mit Bussen zurückgelegt. Das ist eine entspannte und preiswerte Art zu reisen, und in Südamerika gibt es "on the road" immer viel zu sehen.

Die zweite Etappe war Valparaiso, die inoffizielle Hauptstadt des Street Art auf dieser Welt. Sehr beeindruckend und wunderschön, weitläufig verteilt auf steilen Hügeln direkt am pazifischen Ozean, mit lebendiger Künstlerszene.

Anden-Kristalle
Anden-Kristalle
Hier wurde ich einmal beinahe Opfer einer Jugendgang, die beschlossen hatte, Jagd auf mich zu machen, als ich eines Abends allzu weit entfernt von belebten Gegenden durch die Hügel streifte. In Lateinamerika gelten leicht abgeänderte Spielregeln, das sollte man nie vergessen.

 

In La Serena, einem Küstenstädtchen weiter nördlich, entdeckte ich in einer Seitenstraße tatsächlich einen Mineralienshop, der von einem älteren Senor betrieben wurde. Seine Regale waren überfüllt von Quarzen und Turmalinen aus den Anden. Als ich dem Mann in gebrochenem Spanisch erklärte, daß ich ein Kollege aus dem fernen Deutschland bin, war er so ergriffen, daß er mir unbedingt einen großen Bergkristall schenken wollte. Leider kann man auf einer Rucksacktour nicht viel zusätzlichen Ballast gebrauchen, weil man oft mit dem gesamten Gepäck kilometerweit läuft, manchmal auch in der sengenden Wüste, und dann jedes unnötige Gramm bereut.

Calama ist eine Bergarbeiterstadt nahe der größten Kupfermine der Welt. Ich unterhielt mich mit einem Minenarbeiter; er erzählte mir, daß der Kupferbergbau eine wahnsinnige Plackerei ist, wofür die Arbeiter aber umgerechnet etwa 2000€ im Monat verdienen - für chilenische Verhältnisse eine unheimliche Menge Geld. Im Gegenzug ruiniert man sich körperlich innerhalb weniger Jahre.

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Die Atacama-Wüste im Norden Chiles ist das trockenste Gebiet der Erde. Von San Pedro de Atacama aus unternahm ich einige Expeditionen in die tagsüber wahnsinnig heiße Wüste. Hier wurde es dann richtig interessant, denn im Wüstensand findet man so einige Steine, die es hierzulande nur in Mineralienshops gibt. Ich sah Felsen aus rotem Jaspis. Eine Einheimische versuchte mir zu erklären, daß in dieser Region alles voller Salzkristalle ist. Ich nickte höflich, denn ich wollte kein Klugscheißer sein. Die flachen, klaren Kristalle, die hier überall herumlagen, waren nämlich kein Salz, sondern Gipskristalle von sehr schöner Qualität.

Anden-Kristalle
Als ich eine Weile auf allen Vieren durch den Sand gekrochen war und dabei immer spektakulärere Funde machte, stand plötzlich eine amerikanische Reisegruppe hinter mir, und ein älterer Herr fragte besorgt, ob ich etwas verloren hätte. Ich hielt ihnen einen kurzen Vortrag über kristallinen Gips und daß die wirklich transparenten Kristalle Marienglas genannt werden, aus denen man im Mittelalter Kirchenfenster gemacht hat. Ehrfürchtigem Staunen folgten hektische Sammelaktivitäten der Amerikaner. Ein Großmütterchen fragte mich "Sind Sie ein Professor aus Deutschland?". Selten so gelacht.

Etwas später entdeckte ich dann steile, 30 Meter hohe Felsen, die komplett mit Calcit-Kristallen überwuchert waren. Daneben stand eine Gruppe von Chinesen, die verdächtig still waren und ihre Ohren gegen die scharfkantigen Kristalle preßten. Ich kam gerade dazu, als der Guide erklärte: "Wenn man ganz leise ist, dann kann man das Knacken der Kristallisation hören." Tatsächlich knackten die Felsen immer wieder deutlich vernehmbar. Einer der Chinesen fragte mich, ob es nicht erstaunlich wäre, daß man Kristallen beim Wachsen zuhören könne. Ich sagte ihm, daß meine Dachrinne zu Hause auch knackt, wenn abends die Sonne weg ist. Das hängt mit der Materialausdehnung bei Erwärmung zusammen und nicht mit wachsenden Kristallen.
 Anden-Kristalle

Die Wüstenoase San Pedro de Atacama liegt auf 2500m Höhe ganz im Norden Chiles. Dort kann man Indios anheuern, die mit Jeeps eine mehrtägige Fahrt durch Bolivien bis zum größten Salzsee der Welt anbieten.

Anden-Kristalle
Mit mir in dem 25 Jahre alten Jeep reisten noch zwei Engländerinnen und eine Japanerin. Der Fahrer war ein 20jähriger Indio, der kein einziges Wort englisch sprach. Die Asphaltstraßen hören an der Grenzlinie auf, und danach kommen nur noch Schotterpisten. Es ging steil in die Anden hinauf, auf mehr als 4000m Höhe. Was ich unterschätzt hatte war die Höhenkrankheit, die alle Reisenden schwer erwischte. Die ersten Nächte war an Schlaf nicht zu denken, und der bittere Tee aus Coca-Blättern, den die Indios als Gegenmittel empfehlen, hatte sehr interessante Nebenwirkungen...

 Anden-Kristalle

Am nächsten Tag brachen politische Unruhen in Bolivien aus, und sämtliche Pisten (Straßen kann man die wirklich nicht nennen) wurden von bewaffneten Milizen blockiert. Unser Fahrer beriet sich mit einigen Kollegen und es wurde beschlossen, einfach gemeinsam offroad quer durch die Anden weiterzufahren. Als Orientierung folgte unsere Gruppe von 10 Jeeps einem trockenem Fluß, der gleichzeitig die Grenze zu Argentinien war. Wirklich trocken war er aber nicht. Wenn man ausstieg, versank man bis zu den Knien im Schlamm, und deshalb blieben ständig Jeeps stecken und mußten von allen zusammen angeschoben oder sogar ausgegraben werden.


Eine junge Deutsche verlor die Nerven und rief, das ist alles furchtbar unverantwortlich und jetzt stecken wir endgültig fest, und das sei ihr alles vorher nicht gesagt worden, sonst hätte sie diese Reise niemals gebucht. Eine ziemliche Szene. Wenn man in ein Dritte-Welt-Land reist, muß man mit solchen und sogar mit schlimmeren Ereignissen rechnen. Sie drohte den Fahrern damit, eine negative Bewertung auf Tripadvisor zu schreiben, was mich ziemlich erheiterte. Die Indios lächelten nur nachsichtig und kauten weiter auf ihren Coca-Blättern, die sie stets in großen Beuteln bei sich führten.

Anden-Kristalle
 Ich nutzte die Wartezeiten, um am Flußbett entlang nach Steinen zu suchen. Hier gab es fantastische schwarze Obsidiane, vom Fluß schön rund geschliffen. Ein paar davon nahm ich mit; ihr findet sie irgendwo im Shop.

Der schönste Fund war ein größerer, dolchähnlicher Obsidian, den ich einfach nicht wieder weglegen konnte. Der lag in meiner Hand, als würde er zu mir gehören. Vielleicht kennt ihr das.

Anden-Kristalle

Die Mitreisenden fragten, warum ich ständig im Dreck wühlte, und als ich ihnen die herrlichen Obsidiane zeigte, begann das große Sammeln. Etliche zukünftige Fachleute entdeckten ihre Leidenschaft, und kindliche Freude machte sich breit.

Nach einer zwölfstündigen Geländefahrt in einem Allradjeep tun einem alle Knochen weh. Wieder eine Nacht ohne Schlaf in einer Hütte in einem Bergdorf, wo nachts die Ratten meinen Proviant auffraßen.

Zwei der Jeeps wurden am nächsten Tag nach einer wilden Verfolgungsjagd durchs Gelände festgesetzt und erst Stunden später nach Zahlung von Lösegeld wieder freigelassen. Als ich den Fahrer ausfragte, worum es bei diesen Straßensperren eigentlich geht, erfuhr ich, daß die Aufständischen einfache Bauern sind, die deshalb protestieren, damit in diesem Land endlich mal asphaltierte Straßen gebaut werden. Durchaus nachvollziehbar, aber wenn dabei letztlich Touristen abgezockt werden, tut man vielleicht nichts Gutes für die Zukunft des eigenen Landes.

Da ich mittlerweile als anerkannter Stein-Freak bekannt war, schleppte man mir allerhand Steine an, die entlang der Piste gefunden wurden. Eine Engländerin brachte mir kleine rote, transparente Quarze (translucent, wie man auf Englisch sagt). Das waren wunderschöne Karneole, kein Zweifel.
Nach drei Nächten ohne Schlaf und Unmengen Coca-Tee fühlt man sich wie auf einem Drogentrip. Den größten Salzsee der Welt in Uyuni habe ich nur noch verschwommen in Erinnerung.

Anden-Kristalle
Die Rückreise nach Chile ging dann auch wieder abseits der Landstraßen entlang, durch reißende Flüsse und über Vulkane, die mehr als 5000m hoch waren.
Insgesamt eine recht spannende und abenteuerliche Reise. Eindrücke, die man nie vergißt.

Anden-Kristalle
Bis zur nächsten Reise! Euer Erik

Bildergallerie:

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